Gemeinsamer Leserbrief des Partei- und des Fraktionsvorsitzenden

Veröffentlicht am 06.05.2021 in Kommunalpolitik

Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen…

Wahlen haben ein Ergebnis. Nicht immer gefällt dieses Ergebnis der ein oder anderen Person. Die Kommunalwahl hat aber nun einmal ergeben, dass die SPD mit 14 Sitzen und deutlichem Abstand zu den anderen Fraktionen stärkste politische Kraft bleiben darf. Dafür danken wir auch allen Wählerinnen und Wählern und sehen dies als sehr verantwortungsvollen Gestaltungsauftrag an. Danach folgen die CDU mit acht Sitzen, BVG und Bündnis 90/Die Grünen mit jeweils sechs Sitzen und die FDP mit drei Sitzen.

Bei der Konstituierung dieses Gremiums, also dessen Neuorganisation nach der Wahl,  erfolgte wie immer auch die Wahl der Stadträtinnen und Stadträte in den Magistrat (insgesamt neun). Hier wählt die Stadtverordnetenversammlung bestehend aus ihren 37 stimmberechtigten Mitgliedern in einer Verhältniswahl, weshalb die zuvor erwähnte Sitzverteilung bzw. Stärke der Fraktionen hier ausschlaggebend ist. Denn anhand dieser Ergebnisse der Verhältniswahl wird der Magistrat nach dem Hare-Niemeyer-Prinzip besetzt, der die abgegebenen Stimmen im Verhältnis zueinander in Sitze umwandelt. Auch diese Wahl ist frei und geheim und jedes Mitglied hat die Freiheit und das Recht für eine eigene Liste oder eine andere zu stimmen. Gründe, nicht für die eigene Liste bzw. für eine andere Liste zu stimmen, können unterschiedlich sein. Fakt ist: Eine Wahl ist eine Wahl. Bei dieser letzten Wahl hat die SPD eine Stimme mehr auf ihre Liste vereint, als sie selbst Sitze hat. Für diese Stimme können wir uns nur bedanken, da sie bedeutet, dass die SPD einen Stadtrat mehr stellen darf. Dies ist ein legitimer Prozess und Ergebnis einer demokratischen Wahl.

An dieser Stelle wollen wir auch mit einem Irrglauben aufräumen, der sich in einigen Fraktionen und auch bei einigen Pressevertretern breit gemacht hat. Nur weil man bei den ganzen Hare-Niemeyer-Rechnern die entsprechenden Stimmen nach Fraktionsstärken eingibt, bedeutet das nicht, dass deshalb die jeweiligen Fraktionen automatisch das Anrecht auf genau diese Anzahl an Sitzen hätten. Damit geht man nämlich lediglich davon aus, dass jede Fraktion auch ihren eigenen Wahlvorschlag wählen würde und das muss mit Blick auf Listenverbindungen usw. nicht zwangsläufig so sein. Wenn das mit dem Anrecht nämlich so wäre, bräuchte man keine demokratische Magistratswahl und würde das Gremium analog zu den Ausschüssen im Benennungsverfahren besetzen. Dies ist hier aber explizit nicht der Fall. Die Sitzzuteilung im Magistrat ergibt sich einzig und allein aus der freien demokratischen Wahl durch die 37 Stadtverordneten und hier gibt es eine Vielzahl an Möglichkeiten, die das Endergebnis beeinflussen können. Davon haben in der Vergangenheit mal die einen Fraktionen profitiert und mal andere Fraktionen (übrigens auch die BVG). Beispielsweise haben BVG und Bündnis 90/Die Grünen dieses Prinzip in exakt derselben Sitzung selbst genutzt, um durch gemeinsame Absprachen bei einigen Wahlen zu den Verbandsversammlungen die CDU als zweitstärkste Fraktion bei der Sitzzuteilung zu verdrängen. Gab es hier Beschwerden von Seiten der CDU oder SPD? Nein, denn es ist das Ergebnis einer demokratischen Wahl und dieses haben alle Demokratinnen und Demokraten auch so zu akzeptieren.

Nunmehr tituliert die BVG das Ergebnis der Magistratswahl als „Gaunerei“ und, wie in der letzten Ausgabe des Odenwälder Boten, als, Achtung Zitat, „Verarschung“. Umgekehrt hieße dies also, dass Wahlen, „nicht korrekt“ wären, wenn einem das Ergebnis nicht gefällt. Das ist ein äußerst seltsames Verständnis von Demokratie und freier Wahl. Die ganze Aufregung der BVG-Spitze in der Öffentlichkeit wirkt vor allem dann sehr fragwürdig, wenn man sich der eigentlichen Pläne der BVG im Vorfeld der Magistratswahl bewusst wird, bei denen sie durch Bündnisse mit anderen Fraktionen versuchten der SPD als stärksten Fraktion die Position des 1. Stadtrates zu nehmen. Denn diese Position wird dem Wahlvorschlag oder der Listenverbindung mit den meisten Stimmen zugesprochen. Wäre ihr Plan aufgegangen, hätte die SPD dies – weil legitim und demokratisch – auch akzeptieren müssen. Sind solche Aktionen bei der BVG also legitim und clever, bei allen anderen Fraktionen aber zu verdammen? Bei der BVG mag man das vielleicht so sehen, wir bezweifeln allerdings, dass diese Doppelmoral bei den Bürgerinnen und Bürgern auf Akzeptanz stößt. Diese Widersprüche passen aktuell wohl in den Zeitgeist, aber sie decken sich nicht mit unserem Verständnis von Demokratie, Regeln und freien Wahlen. Deshalb gilt an dieser Stelle: Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen.

Anzumerken wäre noch, dass das in der Presse kritisierte Hare-Niemeyer-Verfahren zum kleinen Einmaleins der Kommunalpolitik gehört, allen Kommunalpolitikern bekannt ist (besonders denjenigen, die schon viele Jahre aktiv sind) und in vielen Situationen kleinere Fraktionen begünstigt, weil es ihnen überhaupt erst eine Repräsentation ermöglicht. Eine Verärgerung zum Ausdruck zu bringen, weil irgendwer besser rechnen kann, als man selbst, ist befremdlich. Auch der bemühte Verweis auf den „Wählerwillen“ geht ins Leere. Die Bürgerinnen und Bürger von Groß-Umstadt haben entschieden, dass die CDU zwei Sitze mehr erhält als BVG und Bündnis 90/Die Grünen – das ist der demokratische Wählerwille. Hieraus abzuleiten, dass die BVG oder die Grünen genauso viele Sitze im Magistrat verdient hätten, wie die CDU, ist dann schon vermessen und würde den viel zitierten Wählerwillen nun wirklich nicht abbilden.

Wir hoffen in dieser Sache zur Klarheit beigetragen zu haben und wollen nun aber nach vorne blicken. Es ist endlich wieder Zeit an die inhaltliche Arbeit zu gehen, denn dafür wurden wir schließlich gewählt. Viele Projekte stehen an, denen wir uns widmen müssen. Wir freuen uns daher nicht nur auf die engere Zusammenarbeit mit der CDU im Rahmen unserer gemeinsamen Kooperation, sondern auch auf die Zusammenarbeit mit allen anderen Fraktionen. Deshalb reichen wir unsere Hände auch weiterhin in Richtung von BVG, Bündnis 90/Die Grünen und FDP: Wo wir uns inhaltlich einig sind, sollten wir auch an einem Strang ziehen und uns nicht gegenseitig blockieren. Auf geht’s!


Dennis Alfonso Muñoz - SPD-Parteivorsitzender
Marvin Donig - SPD-Fraktionsvorsitzender

 
 

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